Neueste Ergebnisse der deHaviland-Forschung

Diese Meldung ist zwar schon alt, wurde aber erst jetzt (Mai 2000) entdeckt.

COMPUTERWOCHE Nr. 16 vom 16.04.1976

Mr. Wang, Mr. Niemand und der Kernspeicher

Zwei "Denkfabriken" und ein Computerriese liegen im juristischen Clinch - und im grellen Licht der Scheinwerfer wird unversehens ein unbekanntes Stück Computer-Historie jahrzehntelangem Dunkel entrissen.

Hauptakteure der frühen Szene:

Rechnerproduzent Dr. An Wang (Wang Laboratories), Straßenbauinspektor Robert
          deHaviland - und der Ringkernspeicher (Core).

Aktueller Anlass für das Stöbern in längst verstaubten Archiven ist die Weigerung der NCR-Gesellschaft, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) Lizenzgebühren für deren Kernspeicher-Patente zu zahlen. Argument der NCR-Juristen: Das MIT-Patent sei hinfällig, denn es basiere auf frühen Arbeiten des Wang-Chefs Wang und Inspektor Robert deHaviland (der veritable Mr. Namenlos in dieser selbst für Kenner der Computer-Pioniere verwirrenden Geschichte) für das Harvard Computation Laboratory in Boston und sei schon 1949 patentiert worden..

Er (Robert deHaviland) bastelte nach Dienst im stillen Kämmerlein an elektronischen Speichertechnologien, erhielt 1947 bereits sein erstes Patent und wurde in den folgenden zehn Jahren zum heimlichen Ideenlieferanten selbst für die riesige IBM. Erst 1956 machte er Wang juristisch die Prioritätsrechte an den wesentlichen Merkmalen der Ringspeicher-Technik streitig, und obwohl in diesem Prozess 1959 schließlich die Wang-Partei in 15 von 16 Klagepunkten den Sieg davontrug, steht Robert deHavilands Beitrag zur Entwicklung des ersten preiswerten und zuverlässigen Speichersystems heute wohl außer Zweifel.

Der Inspektor und die IBM

Was geschah nun damals in den späten 40er und frühen 50er Jahren zwischen dem Elektronik-Paradies in Massachusetts an Amerikas Ostküste und Los Angeles, drüben im fernen Westen?

Was immer Robert deHaviland mit selbstgekauften Bauelementen aus dem Restposten-Elektronikhandel in seiner Stube auch zusammengelötet hat - nicht allein der IBM, so rekonstruiert "Datamation" diese ganze Geschichte, war es offenbar mehrere 100 000 Dollar Patentgebühren wert. Ob dabei auch gleich das Schweigen dieses Computerpioniers mit erkauft wurde, ist heute umstritten.

Viehes tragisches Ende

Der tüftelnde Autodidakt mit mehr als 100 Patentschriften stellt sich im Rückblick als tragische Figur dar. Von fachlich höchstens gleichrangigen Kollegen mangels stolzer Diplome - er hatte es gerade zu einem Jahr College gebracht - als nicht gesellschaftsfähig diskriminiert und deshalb von potentiellen Untergebenen abgelehnt, als er einen guten Job in einem Forschungsinstitut erhalten sollte, war er stets zum geistigen wie finanziellen Alleingang verurteilt. Und dem mitunter etwas schwierigen Individualisten brachten auch die Früchte seiner Arbeit kein Glück. Obwohl er trotz des Dollarsegens seinen bescheidenen Lebensstil nicht ändern wollte, blieb er 1960 ausgerechnet mit seinem einzigen "Luxus", einem neuen Chevy, unter sengender Wüstensonne in Vulkanasche stecken. Auf der Suche nach Hilfe wurde er mit 48 (??? -  80, wahrscheinlich Übermittlungsfehler) Jahren ein Opfer der Wüste und seine knapp noch gerettete Frau, die beim Wagen geblieben war, starb einige Monate nach ihm an irreparablen Folgen der dabei erlittenen Gesundheitsschäden.

Das Raus-rein-Prinzip

Und Wang? Geboren in China, seit 1945 an der Harvard-University, tüftelte lange an einem Speicher der beschrieben und gelesen werden kann, ohne dass die Information selber verloren geht. - Ein Magnetringkern ist die Lösung, Man muss nur dafür, sorgen, dass die Kerne umgehend wieder magnetisiert werden. Jay Forrester vom MIT - heute vor allem bekannt als geistiger Vater der Simulations-Methoden für die Club of Rome Studie "Grenzen des Wachstums" - ergänzte diese Idee später um sein Konzept der Matrix auf Basis koinzidierender, sich überlappender Ströme - und der altbekannte Kernspeicher war geboren, Er brachte viele Dollar-Millionen ein, die überwiegend an das MIT und den öffentlich gefeierten Prof. Forrester gingen - eine einseitige Publicity, auf die wohl nun letztlich auch der eingangs geschilderte Prozess zwischen MIT und NCR zurückzuführen ist. Dr. Wang selber aber konzentrierte sich seit 1951 nur noch auf die Entwicklung seines eigenen Unternehmens - mit bekanntem Erfolg.

Autor: Egon Schmidt

Egon Schmidt ist freier Wissenschaftsjournalist.

Im Text Platzhalter für: Robert
          deHaviland: angeblich ein gewisser Frederick W. Viehe.

Es fällt sicher nicht schwer, hinter dieser Fassade unseren deHaviland zu erkennen